Hammelessen
Hammelessen 2023
Hammelessen 2023
Zürich, Münzplatz & Widder-Saal, 10. Juni 2023, Pünktlich um 17:30 Uhr startete das tolle Platzkonzert; ganz zur Freude von Zünftern, Gästen und Passanten. Der Apéro war sehr gut und der Speck hervorragend! Und die heissen, musikalischen Takte auf dem sonnigen Münzplatz konnten mit einem feinen Bier oder einem fruchtigen ‘Weissen’ wunderbar gekühlt werden!
Übrigens: Unsere Zunftlaterne beim Eingang zum Widder-Saal erstrahlte in neuem Glanz! Denn sie wurde einer umfassenden und dringend notwendigen Rennovation unterzogen, welche durch die grosszügige Spende von Christian Brugger möglich war – Herzlichen Dank, lieber Christian.
Obschon beim Apéro reichlich verköstigt, stürzten sich die Gäste geradezu auf die (seit letztem Jahr wunderschön gestaltete) Widder-Speisekarte, um das Menue zu checken:
- Start beim Apéro (gespendet von Patrick Sulser) mit schmackhaftem Speck (gespendet von Christian Brugger)
- Dann zur Vorspeise saftiger Hamme (gespendet von Christian Brugger) mit Härdöpfelsalat, Senf und – erstmals – spitzenmässiger Gemüsevinaigrette
- Dann zum Hauptgang Hammel, Lamm-Entrecôte (hervorragend!) sowie Ratatouille (echt gut) und Polentaschnitte (ein Gedicht). Der Hammel wurde grosszügig von Tis Prager
- Zum Dessert aus der Widder Patisserie ein einmaliges Himbeer-Eis mit entsprechender Garnitur (so richtig fein).
- Saphorin und Compleo (beides Zunftweine) rundeten önologisch das Hammelessen ab – zusammen mit kühlem Bier.
Herzlichen Dank allen grosszügigen Spendern!
Unser Zunftmeister Lucius Blattner begrüsste sodann unsere Ehrengäste – und zwar chronologisch nach Gründung ihrer Zünfte:
- Gegründet am Juni 1248 – die Zunft zu Metzgern/Basel:
Andreas Brütsch, Meister, begleitet von seinem Statthalter Georges Bass. - Gegründet im Jahre 1308 – die Zunftgesellschaft zu Metzgern/Bern:
Rolf Grädel, Obmann, begleitet von seinem Vize-Obmann Peter Trachsel. - Gegründet am Juli 1411 – die Zunft zun Metzgern/Schaffhausen:
Johannes Ermatinger, Zunftmeister, begleitet vom 2. Zunftmeister Benjamin Stoll. - Gegründet am Dezember 1933 – die Zunft St. Niklausen/Zürich:
Stephan Klarer, Zunftmeister, begleitet von seinem Statthalter Peter Christen.
Lucius wies darauf hin, dass dieses Hammelessen historisch ist: «Meines Wissens ist es das erste Mal, dass alle Metzger-Zünfte vereint sind!», führte Lucius nicht ganz ohne Stolz aus! «Und weil das dann doch etwas gar ‘auswärtslastig’ geworden wäre, habe noch Stephan Klarer von der St. Niklausen eingeladen. «Stephan kommt ja überall hin, wo es etwas zu feiern gibt!», meinte unser Zunftmeister augenzwinkernd.
Im Weiteren begrüsste unser Zunftmeister die Gäste der Zunft:
- Leoni Bachmann, Hottinger-Tochter, ZZZ-Komitee und Zugschefin des Gastkantons
- Nadine Dünner, Weggen-Tochter, ZZZ-Komitee und Chefin des Sechseläutenplatzes
- Stephan (Steve) Koller, Zunft Witikon, Sprecher 2023 auf dem Widder
- Pascal Cloëtta, Vereinigte Zünfte zur Gerwe und zur Schuhmachern, Sprecher 2023 auf dem Widder
- Der Sprecher der Zunft zu Oberstrass, Patrick Bischoff hat sich entschuldigt – er lernt heute seine künftigen Schwiegereltern kennen!
(Anm. der Redaktion: Viel Glück !!)
Sodann weihte uns Lucius Blattner in die Geheimnisse ein, warum das Hammelessen «Hammelessen» heisst und warum wir das überhaupt feiern:
- «Zuerst mal und ganz wichtig: Nein wir essen nicht unser Wappentier!», begann Lucius seine Ausführungen. Denn ein Hammel sei ein kastriertes, männliches Hausschaf und unser Wappentier – der Widder – trage aufrechtgehend und augenfällig seine entsprechenden und vor allem noch existierenden Attribute (die im Übrigen in Gold gehalten seien)!
- Weiter erklärte Lucius, dass das erste Hammelessen 1893 im Drahtschmidli stattgefunden habe. Der Grund: Protest der Metzgerzünfter gegen die an der Urne angenommene Eingemeindung verschiedener Quartiere.
- «Die Stadtzürcher Widder hatten Angst, dass nun neue Metzger auf den Markt kommen und auch mitreden – und eben dieses fanden sie nicht wirklich prickelnd», so Lucius. Und daher seien die Widder-Zünfter aus Protest der Eingemeindungsfeier ferngeblieben. Allerdings hätten sie sich nicht, wie heute üblich, protestierend am Boden festgeklebt, sondern – wie das ein anständiger Metzger halt mache – die Widder-Zoifter seien schnurstracks ins Brauhaus Drahtschmidli zum (Hammel)Essen & (Bier)Trinken gegangen!
- «Seit 130 Jahren feiern wir beim Widder nun also diesen Protest anlässlich des Hammelessens bei Bier & Fleisch», so Lucius, welcher uns damit einen guten Appetit wünschte!
Hammelessen 2023
Nachdem wir den Hammen genossen haben, stellte unser Zunftmeister Andreas Brütsch von der ‘E.E. Zunft zu Metzgern Basel’ vor. «Das Doppel-E steht für ‘Eine Ehrenwerte’ Zunft», so Lucius «und 1248 wurde den Metzgern vom Bischof von Basel die Anerkennung ausgesprochen».
Andreas Brütsch trug seine Rede à là Basler ‘Schnitzelbangg’ vor, von welcher hier ein paar Auszüge festgehalten seien (Anm. Red.: im Original-Ton!)
S errschte Theemaa wäär dr Böög;
Soo äin het nuur, wäär’s au vemöög;
Im gläine Fischerdorf am See (Anm. Red.: da ist ‘Ziiri’ gemeint)
wänn si e Schneemaa brenne gsee!
….
Will zämme sinn mir voll im Saft,
dr Zämmehalt, dää git is Graft.
Ych wünsch Euch allne schööni Dääg,
und blyybet gsund und blyybet zwääg.
….
I däm Sinn wünsch yych Euch bigoscht:
E schööne n Oobe, danggschöön – Broscht!
Dringget hüt nid mit Vernunft,
dänn schliesslig sinn mir in’re Zunft!
Verdryybet alli bööse Gäischter!
Es griesst uss Basel: Metzgermäischter.
Lucius hat die Rede von Andreas herzlich verdankt mit dem Hinweis, dass ‘Baseldiitsch’ für einen Zürcher halt eben schon schwer verständlich sei, «wir aber bis morgen auf unserer Homepage die Züridütschi Fassig der Schnitzelbangg aufschalten!»
Sodann hat Lucius Rolf Grädel von der Zunftgesellschaft zu Metzgern Bern vorgestellt. «Strafrechtler durch und durch, war Rolf doch als Richter, Staatsanwalt und Generalprokurator in Bern tätig», führte Lucius aus. «Und weil er den Umgang mit schwierigen Menschen nie scheute, war er auch während vier Jahren in der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft tätig!».
Rolf Grädel meinte vorab «Ich hätte nie gedacht, dass ein Zürcher so gescheit sprechen kann und seine Ausführungen auf so anständige Art vorzubringen versteht!» Rolf sprach sodann von den Berner und Zürchern und dass sie ihren Kindern – schonend – beibringen müssten (aber erst, wenn sie genug alt seien), dass es weit im Nordosten von Bern ein Stadt gebe, die Zürich heisse und dass die Menschen, die dort wohnen (die Zürcher!), ganz anders als die Berner seien. «Wenn man sie sieht und hört, erschrickt man, denn sie gebärden sich laut und unbescheiden und sprechen einen Dialekt, der uns zusammenzucken lässt», erklärte uns Rolf.
Lucius verdankte die Rede herzlich und hielt fest, es sei wie vor Gericht gewesen: «Der Staatsanwalt redet und redet – und der Verteidiger sollte dazu etwas Gescheites sagen!».
Dann stellte Lucius Johannes Ermatinger von der Zunft zun Metzgern Schaffhausen vor. «Im Unterschied zum Widder waren bei den Metzgern in Schaffhausen auch die Ärzte und Chirurgen angegliedert – ein wenig speziell, aber thematisch natürlich schon irgendwie passend», meinte Lucius.
Johannes Ermatinger eröffnete seine Rede mit dem Werbeslogan von IWC, den man am Flughafen Zürich-Kloten lesen kann: «Welcome to Zurich – a nice little suburb of Schaffhausen!» Sodann erzählte Johannes, dass in Schaffhausen das Zunftrecht nicht gekauft, sondern vererbt werde – er sei als Ermatinger in der 13. Generation zoiftig. Abschliessend schenkte Johannes unserem Zunftmeister das Wappentier der Schaffhauser Metzger in ‘Originialdimension’ und schloss mit den Worten «Metzger müssen’s immer sein!»
Lucius verdankte die Rede und das Geschenk herzlich, wies aber – fragend – darauf hin, dass er von einem Schaffhauser als Geschenk eigentlich auf eine IWC gehofft
hätte …
Und schliesslich wandte sich unser ZM an Stephan Klarer von der St. Niklausen: «Im Jahre 1933 gegründet, wird diese Zunft dieses Jahr erst 90 Jahre alt – aus zoiftiger Sicht steckt sie somit noch in den Kinderschuhen. «Das jugendliche Alter erklärt somit auch, warum der Strampelanzug des Zunftmeisters in diesem herzigen Babyblau gehalten ist», meinte Lucius augenzwinkernd. Nachdem der Widder mit Georg Steiger das Trauma des katholischen Zunftmeisters überwunden habe, müsse nun die St. Niklausen mit Stephan diese Bürde weitertragen – obschon dieser einer Appenzeller Reformationsfamilie entspringe. Und weiter hielt Lucius fest «Stephan ist ein promovierter Kirchen-Musiker und hat eine epochale Doktorarbeit geschrieben: ‘Pater Roman Bannwart und die Einsiedler Coralpraxis’.
Stephan Klarer startete seine Rede – ganz zur Freude unserer älterer Mitzünfter – laut & deutlich (Anm. Red.: mir suused hüt no mis linggi Ohr!): «Schon jetzt, am Anfang, muss ich eine Replik machen, wegen dem Seich, den Lucius erzählt hat: ich habe nicht in Kirchen-Musik, sondern ganz generell in klassische Musik promoviert!» Sodann dankte Stephan für die Einladung zum Hammelessen, obschon er bis heute keine schriftliche Einladung erhalten habe, aber er sei ja da! Als Dank für die Einladung macht Stephan schon ein kleines Geschenk in Form des Zunftweines: «Beim Zunftwein ist es wie mit Politikern – du weisst erst nachher, was für eine Flasche du gewählt hast!»
Als vierter Redner müsse er ganz klar sagen: Anlässe auf dem Widder hören lustiger auf, als sie anfangen – nach den drei Vorrednern sei ihm auch klar, warum! Und im Übrigen gäbe es heute bei seiner Zunftmeister-Rede keine Polonaise, um wach zu bleiben !!
Stephan hielt fest, dass er sehr gerne Fleisch esse und zudem seien Metzger ja wirklich harte Kerle. Darum schenkt er Lucius für sein Gewand eine richtige Metzger-Schoss; darauf steht geschrieben: «Leg’Dich niemals mit einem Metzger an. Wir kennen Orte, an denen Dich keiner findet !»
Bezüglich Lucius könne er nur sagen, dass dieser arme Mann im Übermass von Frauen umgeben sei – zu Hause, wie im Geschäft: «Er wohnt mit zwei Frauen zusammen, hat zwei bis drei Töchter und auch in seiner Kanzlei arbeitet neben ihm kein einziger Mann», weiss Stephan zu berichten.
In seiner Replik hielt Lucius fest, dass Stephan vermutlich tatsächlich keine Einladung erhalten habe, sonst hätte er nicht eine so lange Rede gehalten. Aber da sehe man halt, dass er beim Kanton arbeite, «sonst hättest Du gar nicht so viel Zeit gehabt, diese Rede zu schreiben!».
Im Weiteren meinte Lucius, dass an sich die Idee gewesen sei, dass Stephan in seiner Ansprache eine sinnvolle Umsetzung seiner Ideen an den Tag lege – und nicht wie von Sinnen spreche bzw. Sinn-Entleertes von sich gebe.
«Du bist ein frecher Hagel und hast mit Deiner Zürischnurre nur Chabis erzählt – darum schenke ich Dir jetzt einen solchen! Aber Du musst nicht ohne zNacht ins Bett und darum erhältst Du – wie Deine Vorredner – einen feinen Widder-Korb als Geschenk», verdankt Lucius die ZM-Rede von Stephan.
Unser Zunftmeister beschloss damit das Hammelessen, dankte allen, die zum Gelingen dieses schönen Abends beigetragen haben und wünschte allen Anwesenden eine gute Zeit. «Bis zum Grill-Fest im August!»
Marco Baur, Protokollführer der Zunft zum Widder