Martinimahl
Martinimahl 2021
Martinimahl 2021
Zürich, Zunft zum Widder, 13. November 2021. Um 18:00 Uhr trafen wir uns zum Apéro in der Zunftstube und pünktlich um 19:00 Uhr eröffnete die Delegation unseres Zunftspiels im Widder-Saal mit einer musikalisch wunderbaren Version von Glenn Miller’s «Moonlight Serenade» das Martinimahl. Unser Zunftmeister Georg Steiger dankte dem Zunftspiel für diese schöne Eröffnung und unterstrich in seiner Begrüssung, dass uns die Pandemie vor allem auch gelehrt habe, die kleinen Dinge im Leben wieder zu schätzen.
Für das letztjährige Martinimahl hatte Georg bereits eine Rede vorbereitet: er hätte von der Unsicherheit und Ungewissheit der Corona-Krise gesprochen, zumal es damals ja noch nicht einmal eine konkrete Hoffnung auf eine Impfung gab.
«Wir alle haben in den letzten Monaten zu schätzen gelernt, sich wieder in der Familie oder mit Freunden zu treffen. Oder ganz einfach auch nur dankbar zu sein, dass man gesund ist», so Georg. Natürlich sei die Corona-Situation heute nach wie vor angespannt, aber immerhin hätten wir – dank Zertifikat – unsere Bewegungsfreiheit zurückgewonnen und vor allem können wir uns wieder treffen und unsere zünftigen Anlässe und Freundschaften pflegen.
In diesem Sinne begrüsste unser Zunftmeister sodann ganz speziell diejenigen Zünfter unter uns, welche 80 Jahre oder älter bzw. seit mehr als 50 Jahren auf dem Widder zoiftig sind. Sodann begrüsste Georg die vielen Zunftgesellen, 25 an der Zahl, und teilte mit uns seine Vorfreude auf die heutige Gesellen-Produktion! Selbstverständlich wurden auch die persönlichen Gäste vorgestellt, vor allem auch die – Zitat Zunftmeister – «Dauerrequisite», Herr Wolfgang Michaelis als Gast von Willy Hew. Mit dem zunftmeisterlichen Dank an die Neuveteranen Jakob Bosshard und Martin Rahn für deren heutige Apéro-Spende wünschte uns Georg ein herzliches «zum Wohl und en Guete!».
Wir starteten das Martinimahl mit einer rassigen Curry-Kürbissuppe, gefolgt von der – wie bereits gesagt – hervorragenden und vor allem zarten Martinigans mit bestem Rotkraut sowie Härdöpfelstock und garniert mit feinsten Honig-Pfeffer-Marroni’s, dann zur Abrundung einen süssen Cheesecake, der von exquisiten Portweinfeigen und Sauerrahmglacé begleitet wurde. Schlicht – ein Genuss!
Bei der Ehrung der Verstorbenen erinnerten wir uns an unsere beiden Mitzünfter Heiri Schweizer und Otto Andrae, welche uns verlassen haben.
«Der Heiri ist ein Charakter gewesen, ein hard-core Zünfter, würde man heute sagen», würdigte Georg Steiger unseren am 15. Januar 2020 verstorbenen Zunftfreund. Heiri Schweizer war nie um einen guten Spruch verlegen, war gesellig, manchmal provokativ, aber immer auch überlegt und vor allem sehr empathisch. Legendär war seine Zeit als Bär gewesen und viele erinnern sich noch an seinen Auftritt als Sprecher im Jahre 1994, wo Heiri im Bärenkostüm bei den Riesbächlern aufgetreten ist. «Ich bin sicher, er würde heute mit Freude ein Glas Wein in die Hand nehmen. Wir machen das nun für Dich lieber Heiri!», gedachte Georg unserem verstorbenen Zunftfreund. Heiri Schweizer verstarb kurz vor seinem 70. Geburtstag; er war 39 Jahre auf dem Widder zoiftig.
«Otto Andrae ist 1989 in unsere Zunft eingetreten. Sein anderes Leben galt der Musik und er liebte Jazz und Dixieland über alles», gedachte unser Zunftmeister dem Verstorbenen. Otto hat seine Passion zum Beruf gemacht und eine Lehre als Blechblasinstrumentbauer gemacht. Er war viele Jahre beim Musik Hug tätig und hat dort unter anderem den Kindermusikladen aufgebaut. «Der Otto ist ein sehr geselliger Zünfter gewesen und man hat viel mit ihm lachen können. Und er ist auch nicht einer der ersten gewesen, der am Abend nach Haus gegangen ist» erinnerte sich Georg.
Drei Monate vor seinem 80. Geburtstag ist Otto Andreae am 3. Februar 2021 friedlich eingeschlafen.
Wir behalten Heiri und Otto stets in unserem ehrenden Andenken.
Martinimahl 2021
Der Reigen der Ehrungen, Aufnahmen und Danksagungen sei heute Abend speziell, führte Georg aus, da wir ja letztes Jahr dazu keine Möglichkeit hatten.
Umso mehr freute es uns mit Jack Bär zu starten: 60 Jahre Zunftzugehörigkeit; von 1972 bis 1990 in der Vorsteherschaft; vier Mal Sprecher gewesen – herzlichen Dank an Jack für seine langjährige Treue und das einmalig-tolle Wirken für unsere Zunft! Jack verdankte die einfühlsamen Worte des Zunftmeisters mit einem Gedicht von Theodor Fontane (1819-1898):
Immer enger, leise, leise ziehen sich die Lebenskreise;
Schwindet hin, was prahlt und prunkt; schwindet hoffen, hassen, lieben;
Und ist nichts in Sicht geblieben, als der letzte dunkle Punkt.
Aber Jack hielt fest: «Wir ‘Alten’ bleiben immer optimistisch!» Und weil er nicht zu lang werden wollte, zitierte er noch Luther: «Tritt fest auf; mach s’Maul auf; hör bald auf!»
Die nächste Ehrung galt Erich Keller, welcher letztes Jahr sein 40jähriges Jubiläum gefeiert hat. Erich war 12 Jahre in der Vorsteherschaft und wir danken für alles, was er für unsere Zunft gemacht hat.
«Dieses Jahr feiern mit Werner Steiner, Beat Rupf und Andreas Niedermann drei weitere Zünfter einen ‘Runden’, nämlich das 30ste Jubiläum der Zunftzugehörigkeit», freut sich Georg. Gleichzeitig verdankt er die Spende der Jubilare in den Kostümfonds.
Sodann bat Georg unsere Mitzünfter Peter Gut und Röbi Schweizer nach vorne, um mit ihnen deren 50 Jahre Zunftzugehörigkeit zu feiern. Georg hielt fest, dass vor 50 Jahren – man kann es fast nicht glauben – das Frauenstimmrecht bei uns eingeführt wurde und es wäre spannend zu wissen, wie dies wohl in der Zunft 1971 diskutiert worden ist. Gleichzeitig haben aber auch die Hot Pants die Frauenmode im Sturm erobert, wobei jetzt nicht ganz klar sei, wer/was die Zustimmung bezüglich des Frauenstimmrechts beeinflusst habe.
Peter war während 15 Jahren in der Vorsteherschaft und war in der Zeit von 1986 bis 1990 auch Vize-Zunftmeister. Als Sprecher hat er es Jack Bär gleichgetan und ebenfalls vier Mal den Widder im Auszug vertreten.
Röbi war auch in der Vorsteherschaft, und zwar von 1975 bis 1987 und davon 9 Jahre als Zeugwart. Sprecher sei Röbi jedoch nie gewesen, führte unser Zunftmeister aus, aber was nicht gewesen sei könne ja noch werden und Georg schlug Röbi darum vor, dass er sich dies zu seinem 95. Geburtstag ja noch vornehmen könnte; er würde nachher noch mit dem Terminkalender auf ihn zukommen … !
Georg dankt beiden Jubilaren für Ihre Treue zum Widder und schenkt ihnen die einmalige Wappenscheibe. Peter und Röbi verdankten die Ehrungen sowie die Geschenke ganz herzlich und freuen sich, in 2023 an der St. Petersfahrt die Böckwürstli zu spenden.
Die neuen Veteranen mit 20 Jahre Zunftzugehörigkeit wurden sodann von Georg zum Ehrentisch gebeten: Lucius Blattner, Marco Stocker und Ezio Roth, welche in 2020 ihr Jubiläum hatten sowie Jakob Bosshard und Martin Rahn, die Veteranen-Jubilare 2021.
Die Veteranen 2020 seien die «Millenium-Boys», so Georg, da sie in 2000 aufgenommen worden seien, obschon die Welt mit der Jahrtausendwende ja gar nicht untergegangen sei. Ezio und Marco hätten wohl die digitale Umstellung perfekt geschafft, Lucius hingegen hadere immer noch ein bisschen mit dem digitalen Binärsystem – denn entweder stehe «öppis» wie eine 1 oder es sei eine Nullnummer, aber sicher nicht beides zusammen.
In jedem Fall sei 2000 ein tolles Jahr gewesen, nicht nur wegen der Aufnahme der drei Mitzünfter, aber wohl gerade auch deswegen, womit Georg mit Hinweis auf den damaligen Bundespräsidenten Adolf Ogi sich zu «Freude herrscht(e)» hinreissen liess. «Ihr drei seid treue Zünfter und habt alle wunderbar zu unserer Zunft beigetragen: Marco als Fotograf, Ezio – der es einfach geniesst und Lucius als Vorsteher, welcher immer wieder inspiriert», so Georg.
Alle drei verdankten die ehrenden Worte von Georg sowie die Veteranenbecher. Für Ezio steht der Becher als Symbol für die Kameradschaft und Freundschaft in der Zunft; für Lucius steht der Widder – trotz der vielen Veränderungen im Leben – für Konstanz, Werte und Freundschaft; und Marco stellte das Geschenk der «Millenium-Boys» vor, nämlich die neue Widder-App. Ein wirklich tolles Geschenk für alle Widder-Zünfter!
Jakob und Martin wurden in 2001 aufgenommen, eigentlich einem «annus horribillis», da jenes Jahr von Unglücken, Terroranschlägen und dem Swissair-Grounding gezeichnet war. Zum Glück kehrte damals Harry Potter in unser Bewusstsein, der uns in eine andere Welt entführte.
«Aber Jakob und Martin haben mit ihrem zünftigen Start zu alledem einen wunderbaren, positiven Kontrast gegeben – und machen das natürlich auch heute noch», so Georg in seiner Veteranen-Ehrung. Jakob und Martin verdankten die Ehrungen und sehen sich in der Verpflichtung, Traditionen weiter zu geben. So, wie sie es von ihren Vätern gelernt hätten, so geben sie es auch ihren Söhnen weiter. Für das stehe die Zunft zum Widder!
Jakob und Martin schenken der Zunft neben dem Apéro heute die Gin Tonic-Runden und Georg unterstrich unverzüglich, dass er sich auf die spezielle «Orgie» sehr freue!
Nun kündigte unser Zunftmeister die Gesellen an: Das langjährige Kernteam, Dominic Wälchli, Nicolas Panchaud und Nicolas Homberger ist zurückgetreten und haben ihr Amt der nächsten Generation übergeben, nämlich an Philip Schnider, Tobias Rahn und Daniel Lienhart. Georg verdankte das scheidende Kernteam und wünschte dem neuen viel Spass – denn der Teamgeist der Gesellen ist super!
Die Gesellenproduktion war mega cool und lustig: zum Widder kamen die Stadtheiligen Felix (Ronny Eckert), Regula (Carlo Schmid) und Exuperantius (Matthias Kilchsperger)! Allerdings und erstaunlicher Weise waren die drei aus Bütschwil (?) gekommen (dem Stammsitz der ‘Niedermänner’, wie Georg sofort erkannte) und hatten breitesten Ostschweizer Dialekt! Zürich fanden die drei sehr komisch – es habe ja gar keine Parkplätze mehr. Daher konnte Felix seinen Lamborgini nirgends abstellen. Regula hielt lauthals fest, dass ihre «geilen Glocken ein Würstli» bräuchten und sie daher wohl beim Widder gerade richtig sei. Exuperantius schenkte Lucius ein Kochbuch «vegan easy» (… warum auch immer … ?). Demgegenüber müsse Georg ins Exil, z.B. zur Meisen-Zunft als «Schwanz-Meise», aber die Meisenzünfter hätten ja ohnehin einen Vogel!
Alles in allem: echt schräg (auch die Verkleidungen; vor allem von Regula…) aber gelungen!
Nachdem Ruedi Berger die Zunftfahne vorbereitete, hat Georg die vier Kandidaten und ihre Göttis zur Aufnahme nach vorne gebeten: Florian Schmid und Thomas Bühler wurden schon im Oktober 2020 gewählt und warteten seither auf die offizielle Aufnahme. An der letzten Zunftversammlung wurden zudem Simon Rahn und Lorenz Schmid gewählt. Georg hiess alle neu gewählten Zünfter beim Widder herzlich willkommen!
In Ihrer Ansprache setzten die vier Neu-Zünfter einmalige und gerissene Wortspiele mit allen Nachnamen der Zünfter ein, u.a. «Das ist doch nieder, Mann!» oder «Epprechtischer Mörter zwischen den Gantenbeinen!»
Georg verdankte das Geschenk der vier neuen Zünfter: Zwei Konzerte unserer Zunftmusik Harmonie Schlieren an Zunftanlässen sowie einen finanziellen Beitrag an «Züri tönt». Und Tobias Zwyer von unserem Zunftspiel erhielt von den vier neuen Zünftern als Dank für seine tollen Leistungen einen goldenen Dirigentenstab!
Zum Abschluss des Martinimahls ehrte unser Zunftmeister die beiden langjährigen Vorsteher Rolf Uebersax und Max Frei, welche 2020 zurückgetreten sind.
«Rolf ist vor 44 Jahren im zarten Alter von 27 Jahren in unsere Zunft eingetreten und hat 25 Jahre lang ein geruhsames Leben geführt, bis er im Jahre 2001 vom damalige Zunftmeister Bernhard Rahn aus dem zünftigen Dornröschenschlaf geweckt worden ist», erzählte Georg. Dann habe Rolf als Vorsteher und Pfleger die Zunft davor bewahrt, dass zu viel Geld ausgegeben wurde, was ihm ausgezeichnet gelungen sei, denn die Finanzen stehen hervorragend da («… und jedes Jahr schön einen Gewinn von rund 500 Franken machen…!»).
«Als Max das erste Mal vor vielen, vielen Jahren in die Vorsteherschaft unserer Zunft eingetreten ist, hat gefühlsmässig Rudolf Brun gerade seine Zunftverfassung fertig geschrieben», beteuerte Georg. Seither sind viele Jahre vergangen und Max habe Unzähliges bei uns in der Zunft beigesteuert, gesteuert, beeinflusst und insgesamt seinen äusserst wertvollen Stempel aufgesetzt. Max sei während 8 Jahren Schreiber gewesen und sage und schreibe 16 Jahre Vizezunftmeister, insgesamt also 24 Jahre in der Vorsteherschaft. Aber auch die ganze Vorsteherschaft habe Max bei ihrer Arbeit in allerhöchstem Masse unterstützt und überall die Fäden zusammengehalten – und ab und zu auch gezogen.
Max sei Zugführer gewesen, Delegierter beim ZZZ, zuständig für die Einladungen, für die Billette, für den Kinderumzug; Ansprechpartner für die Kostüme, Zuständig für die Webseite, Mahner von der Disziplin bei unserer Sechseläutenformation, charmanter Tischnachbar (es ist nicht überliefert, ob Max damals mit Doris Leuthard die Kampagne «Duschen mit Doris» besprochen habe); mehrfach Sprecher, verantwortlich für unseren Kontakt mit der Musik, Oberkäfer, Schnittstelle zu den Behörden, zum ZZZ und, und, und! Oder zusammengefasst: einfach ein grossartiger zöiftige Handyman.
Georg verdankte die herausragenden Leistungen von Rolf und Max mit einem tollen Wein, einem Gutschein für ein Weekend im Castello del Sole sowie einer kleinen, zoiftige Silberdose mit persönlicher Widmung.
In ihrer Replik erzählten beide viele Anekdoten: Rolf hat z.B. ausgerechnet, dass in seiner Zeit als Pfleger das Zunftvermögen massiv – nämlich um 182% – gestiegen sei, was einer jährlichen Performance von rund 9.5% entspreche. Nun, nachdem Georg dieses Jahr als primus inter pares den Zunftmeisteranlass durchgeführt habe, sei diese Performance vermutlich massivst gesunken! Max wiederum erinnerte sich, dass er von Wilfried Keller in die Geheimnisse der Nassrasur eingeweiht worden sei, was ihm noch heute massiv Zeit spare – eine erste und wichtige Erfahrung als junger Zünfter. Aber auch mit den Gesellen habe er immer wieder Tolles erlebt – in jeder Hinsicht. Vor allem wenn er an die Sechseläuten-Happenings der Gesellen im Kaufleuten denke … .
Rolf und Max dankten für die schöne Zeit in der Vorsteherschaft und schenken der Zunft den nächstmöglichen Apéro am Martinimahl.
Damit dankte Georg allen für den wunderschönen Anlass, wie auch der Delegation des Zunftspiels und er freue sich auf die kommenden Widder-Anlässe. Ein wirklich schönes Martinimahl fand sodann mit Mehlsuppe und Wienerli seinen Abschluss.
Marco Baur, 1. Protokollführer der Zunft zum Widder