St. Petersfahrt
St. Petersfahrt 2025
St. Petersfahrt 2025
Zürich, 27. Januar 2025. Nachdem ab 18.30 Uhr unser Zunftmeister Lucius Blattner wie immer eloquent und konzis durch die Zunftversammlung geführt hatte, startete der Widder pünktlich um 19.30 seine traditionelle St. Petersfahrt mit dem Umzug von der Münzgasse über die Bahnhofstrasse zum Rennweg hoch bis zur St. Petershofstatt. Wind und Regen konnten unseren gestandenen Widder-Zünftern und -Gesellen gar nichts anhaben – «mir sind gschtande wie Eiche!».
Im schönen Lavater-Saal begrüsste Lucius die Pfarrerin vom St. Peter, Cornelia Camichel sowie alle anwesenden Zünfter, Gesellen, Zunft zur Sankt Cordula und Gäste. Lucius startete mit einem historischen Rückblick zur St. Petersfahrt: «Alles begann mit vorreformatorischen Passions- und Fastnachtsbräuchen im 14. oder 15. Jahrhundert», führte Lucius aus. «Die Metzger brachten am Palmsonntag jeweils einen Handwagen mit Christusfigur auf den Lindenhof und bekamen vom Pfarrer als Belohnung dafür jeweils 101 Fasnachts-Chüechli. In der Reformation wurde das von Huldrych Zwingli verboten. Die Metzger – schon damals sehr schlau – wandelten darum diesen Brauch mit Legitimation auf die Mordnacht von 1350 auf die St. Petersfahrt um, und brachten als Geschenk für die 101 Chüechli einen Schinken mit» weihte uns Lucius in die spannende Historie ein.
Das Kernthema unseres Zunftmeisters war Angst und deren negativen Auswirkungen auf die Gesellschaft. Darum stellte Lucius an die Pfarrerin die Frage: «Was können wir tun, dass diejenigen Menschen, die Angst verspüren, sich nicht radikalisieren, vereinsamen und letztlich aus der Gemeinschaft herausfallen?».
Für Cornelia ist vorab das Wichtigste, sich nicht nur auf’s Negative zu konzentrieren. Das Gegenteil von Angst sei Vertrauen, Geborgenheit und Sicherheit. Diese Elemente schaffen letztlich Freiheit. «Wir müssen uns als Gemeinschaft für unsere Grundwerte einsetzen und uns gegen die manipulativen Mehrheiten wehren, dann verlieren wir die Angst», so die Pfarrerin zu St. Peter.
Lucius dankte Cornelia herzlich für die Ausführungen und so wurde – ganz der Tradition nach – Schinken (gespendet von unserem Mitzünfter Martin Niedermann) gegen Fasnachts-Chüechli (gespendet von der Pfarrerin) getauscht. Alle Anwesenden freuten sich darum schon jetzt auf den feinen Dessert im Zunftsaal!
Zurück im Widder-Saal hiess Lucius Blattner nochmals alle herzlich Willkommen. Sodann begrüsste er die vielen anwesenden Zunftmeister, von welchen er nicht mehr der Schönste sei. «Neu ist das Christoph Binkert von Zunft zur Saffran, weil wir uns in der Zunftmeisterversammlung darauf geeinigt haben, was ich allerdings nicht verstehe – aber so ist nun mal eben Demokratie …», meinte Lucius mit verschmitztem Lächeln. Ganz besonders begrüsste er schliesslich die Delegation sowie den neuen Zunftmeyster der Zunft zur Sankt Cordula, Serge Demuth.
Vor genau 30 Jahren fand unsere Zunft zum Widder den Weg vom Carlton Elite hier ins Hotel Widder, unserem historischen Zunftstandort. «Heute heisst es ja nur noch Carlton, weil die Elite eben ausgezogen ist», klärte uns Lucius auf. Er stellte als Gäste der Zunft den neuen Hoteldirektor vom Widder vor, Benjamin Dietsche sowie den CEO der Betreibergesellschaft Living Circle, Marco Zanolari.

St. Petersfahrt 2025
Danach erteilte Lucius unserem Vorsteher Marco Baur das Wort, welcher einen kleinen Fotorückblick «30 Jahre WIDDER im Widder» machte. Er hielt fest, dass wir damals durch den ausserordentlichen Einsatz und die Diplomatie von unserem Alt-Zunftmeister Hansruedi König den Weg ins Hotel Widder schafften. Dann gab’s Bilder von vor 30 Jahren, wo alle «no es bitzeli jünger» aussahen – heute sind wir allerdings viel schöner! Und dann noch eine kleine Übersicht über die wichtigsten Böögverbrennungen der letzten 30 Jahre – «es git nüt, wo’s nöd gä hät!».
Nun ging’s zum feinen Essen & Trinken:
- Die hervorragenden Bockwürstli wurden von unserem Vorsteher Jürg Stucki und das Bier von unserem Mitzünfter Patrick Sulser gespendet – vielen Dank!
- Als Dessert genossen wir die exquisiten Fasnachts-Chüechli von Cornelia Camichel – grazie mille e uno!
Nach dem Essen stellte uns Lucius den ersten Ehrengast vor, Dr. Martin Burger, Zunftmeister von der Zunft zur Oberstrass. Beide kennen sich vom Gerichtssaal. Aber nicht etwa, weil Lucius den Martin verklagt hätte, sondern dieser war Richter und unser ZM Strafverteidiger. Seinen Doktortitel machte Martin mit der Arbeit Die Richterwahl im Kanton Zürich unter den Aspekten der richterlichen Unabhängigkeit und der Gewaltenteilung, «eine tolle Lektüre, die bei vielen von uns auf dem Nachttischli liegt – als Schlafmittel», meinte sehr sachlich unser Zunftmeister.
Martin dankte Lucius für die Einladung zur St. Petersfahrt und freute sich darauf, «weil ich da sicher sein konnte, dass mir nicht irgendein politisch korrektes Vegetariermenue serviert wird!». Aus der gemeinsamen Zeit beim Gericht erinnert sich Martin an folgenden Fall: Den Delinquenten hatte Martin befragt, warum er den Diebstahl begangen habe. Perfekt und überzeugend von seinem Strafverteidiger Lucius Blattner instruiert sagte der Täter «das isch nur wäge miinere körperliche Beiiträchtigung passiert – ich han nämli z’langi Finger und z’churzi Bei!».
Danach stellte Lucius den zweiten Ehrengast vor, Dr. Beat Ehrensberger von der Zunft Witikon, einem schönen kleinen Ortsteil von Zürich. «Und weil wir auf dem Widder grosszügig sind, haben wir in der Einladung noch ein zweites ‘T’ für Wittikon gespendet», meinte Lucius. Beat sei im Übrigen im Eilzugstempo nach nur 6 Jahren Zunftzugehörigkeit bereits Zunftmeister geworden – «ist das Ausdruck eines Fachkräftemangels bei Eurer Zunft?», fragte Lucius.
Beat freute sich bezüglich dem zweiten ‘T’, dass sein Name auf der Einladung auf Anhieb richtig geschrieben worden sei. Was Lucius und ihn verbinde, seien ihre jeweiligen ZM-Vorgänger: beide waren echte Sonnenkönige! Und offenbar habe Lucius im letzten Dezember seinen Kopf sehr heftig angeschlagen, denn er begeisterte sich ganz plötzlich für die blödsinnige Idee, im ersten Monat des Jahres einen ‘Dry January’ zu machen – Lucius habe aber bei der letzten Vorbesprechung trotzdem ein Glas Rotwein bestellt …!
Zum Schluss stellte Lucius unseren Ehrengast Stefan Thurnherr vor, seines Zeichens Kirchenkreiskommissionspräsident (KKKP) und Zunftmeister der Zunft Wollishofen (das schreibt man aber wirklich mit zwei ‘L’!). «Schon 13 Mal nimmst Du nun an unserem Bockwürstli-Essen teil, sozusagen als weltlicher Chef unserer Pfarrerin», hielt Lucius fest. Und bei der Terminvereinbarung für die Vorbesprechung habe Stefan wortwörtlich per Email geantwortet «Ich bin eigentlich ausser am Abend des 7. Januars noch recht freizügig verfügbar», was Lucius doch etwas irritierte.
Stefan habe sich vorgenommen, heute – entgegen den früheren Vorwürfen der Widder-ZM’s – überhaupt nicht lange zu sprechen. Das werde er an der nächsten St. Petersfahrt tun, weil das dann seine letzte als KKKP sei. Im Übrigen dankte Stefan für das Aufstellen des schönen St. Peter-Bechers hier am Tisch vor seiner Nase; es wäre allerdings noch toll gewesen, wenn jemand dafür gesorgt hätte, dass im Becher auch etwas Flüssiges drinnen ist. Zum Schluss stellte Stefan fest, dass seine Rede ganz nach dem Minirock-Prinzip konzipiert gewesen sei: «Sie ist lange genug, um das Wesentliche abzudecken und sehr kurz, um interessant zu sein».
Lucius verdankte die Reden mit schmackhaften Widder-Geschenken, dankte den Organisatoren ganz herzlich und wünschte allen eine gute Zeit. «Ich freue mich schon jetzt auf die kommende Metzgete!», verabschiedete sich unser Zunftmeister.
Marco Baur, Protokollführer der Zunft zum Widder